Presse

Breitgefächerte Bissigkeit im Bayreuth Bechersaal

Nordbayerischer Kurier| Kritik vom 07.04.2025

Sarah und Hans Well mit Komalé Akakpo erheitern als Wellbappn 2.0 den vollen Bechersaal in Bayreuth mit einer Fülle an satirisch aufgearbeiteten Themen wie auch einer Fülle an musikalischem Repertoire.

Bayreuth – Mit „herzlichen Grüßen von der Bayerischen Staatsregierung“ kommen Hans und Sarah Well sowie Komalé Akakpo als Wellbappn 2.0 am Donnerstag in den Bayreuther Bechersaal, der schon seit einer Stunde vor Auftrittsbeginn brechend voll ist. Weil die Bedienungen zwischen vielen der eng aneinander stehenden Zwölfer- bis 15er-Tischen nur mit großer Mühe durchkommen, werden wie am Fließband, aber gesellig, Bier und Braten in die eine und Bierfilze für die Rechnung in die andere Richtung von Sitznachbar zu Sitznachbar gereicht.

Auf die Staatsregierung um Markus „Maximus“ Söder, den ebenso „Erleuchteten“ wie „Bescheidenen“, wird auf der Bühne im Laufe des Abends beeindruckend abwechslungsreich eingedroschen, textlich wie musikalisch. Nicht selten im Stile bayerischer Volksweisen mit viel Holladiri und Holladio, aber auch mit Märschen, Country und Rockabilly, gar einem Tango und dem wohl weltweit ersten Reggae mit dem Hackbrett. Außerdem mit einer Hip-Hop-Nummer, deren Bass aus der von Hans Well gespielten Tuba wummert. Musikalisch meist auf hohem Niveau, sonst mit spürbarer Freude am Ausprobieren.

Alle drei singen, mal einzeln, mal abwechselnd, mal im Chor. Dazu gespielt wird Gitarre, steirischer Harmonika und Mundharmonika, Bratsche, Strohgeige und Kontrabass, Tuba und Trompete, Blockflöte und Hackbrett.

Mit Letzterem, bei dem die waagerecht liegenden Saiten mit einem Klöppel geschlagen werden, können nur wenige Menschen professionell umgehen. Komalé Akakpo ist einer davon. Die Strohgeige, eine Violine mit eine Art Grammophon-Trichter daran, der den gestrichenen Saiten einen leicht blechernen und lauteren Klang verleiht, hat Hans Wells Tochter Sarah von einer Reise im US-Staat Tennessee
mitgebracht.

Begonnen wird klassisch-oberbayerisch zu Quetschn – aber mit Bayreuth-Bezug. Texter Hans Well scheint sich vorbereitet zu haben, die drei singen in gehacktem Rhythmus zum Akkordeon über Katharina Wagners künstlerische Ambitionen in Barcelona, über Fichtensterben und Mietpreise, über die Langzeitbaustelle Friedrichsforum und die Finanznöte der SpVgg Bayreuth.

In der zweiten Strophe des Auftakt-Liedes wird das Bayreuther Publikum dann mit nach Hausen genommen, eine kleinen Ortschaft im Südwesten von München, ins „Land der BayWa“, wo die Business- Männer dicke Autos und dünne Frauen haben, die Vereinsheime voll und die Wirtshäuser leer sind. Ein laut lachender, begeistert klatschender Zuschauer urteilt: „Sauberer Einstieg“.

Mit sauberer Energie scheint man es wiederum nicht so sehr zu haben in Oberbayern, wie unter anderem aus dem nächsten Lied ersichtlich wird, in dem sich eine Ortschaft gegen einen Windpark stemmt, weil der die „schöne Aussicht“ auf den Fressnapf-XXL-Markt verschandelt. „Heiliger Markus, erhöre uns“: Der bayerische Ministerpräsident „beschenkt“ den Ort schließlich lieber mit einem Atommüllendlager.
„Richtig schee bös’“, findet eine Zuschauerin die Texte von Hans Well. Das wiederholt sie nach dem „Wutbürger-Marsch“. Ein Was-wäre-wenn-Szenario nach den großen Bauerndemos des Winters 2023/24 gegen den Wegfall der Subventionen für Agrardiesel. Als sich zu den Wutbauern mit Galgen auf den Traktoren die Wut-Windradgegner und Wut-Atomkraftfreunde, die Wutquerdenker, Wutkaninchenzüchter, Wutspediteure und allerlei anders Wütende gesellen, die der von Söder befeuerte Hass auf Rot-Grüne- Politik eint. Im Liedtext verspricht Hubert Aiwanger: „,Atomkroft für alle’/ und übernimmt die Deutsche Führung/ Bloß weil an Hubsi koana versteht/ putscht si da Höcke an d’Regierung.“

Der rechtsextreme Vorsitzende der Thüringer AfD-Landtagsfraktion, Björn Höcke, heiratet im Lied- Szenario dann Sarah Wagenknecht, nach dem mysteriösen Tod von deren Ehemann Oskar Lafontaine. Monika Gruber als „Volksrichterin“ kastriert eigenhändig, wenn sie „queere Männer beim Gendern dawischt“, Alice Weidel und „der Müllermilch zeugen/ ein käsiges Deutsches Geschlecht“.

Als die „letzten Grünen Widerstandskämpfer“ mit Haschködern aus Kreuzberg gelockt und zusammen mit allen Migranten und anderen den Rechtsextremen unliebsamen Menschen abgeschoben sind, müssen dann etwa Neonazis die Osteuropäer beim Spargelstechen ersetzen, doch die Patrioten scheitern bald an Bandscheibenvorfällen. In allen Bereichen fehlen Arbeitskräfte, „koana wechslt am Gauland de Windln/ er liegt im braunen Dreck“. Und der FC Bayern verliert 18:0 gegen Malta, weil „dort spuin die deportiertn Sané und Musialla“.

Die Themenvielfalt ist breit, neben dem Rechtsruck wird unter vielem anderen über bayerische Überheblichkeit („mia san die Supa-Bayern“), Klimawandel, Wohnungspreise (es reiche nicht mal mehr für eine Wohnung in Coburg), Lehrermangel (den es in Bayern nicht gibt, es gibt nur zu viele Kinder) und gestrichenen Musikunterricht (verdeutlicht durch bewusst-falsches Blockflötenspiel) musiziert.

Manchmal geht es textlich auch nur um die Freude am Wortspiel, wie bei einem „Zwiefachen“, einer recht komplizierten südbayerischen Tanzmusik. Der Rhythmus ist dem Nordbayern vielleicht am ehesten geläufig aus dem Lied „Heut kommt der Hans zu mir“, mit den Ohrwurm-Zeilen „Ob er aber über Oberammergau / Oder aber über Unterammergau…“. Jene Zeilen werden mit dem Zungenbrecher „In Ulm, um Ulm und um Ulm herum“ kombiniert, und erweitert wird mit Umdichtungen wie „Lieber an Hund im Haus ham / Als a Haus in Hundham ham“.

Dazu machen die drei Bühnen-Virtuosen eine Abfolge von Schenkelklopfern, Schunklern und Klatschen mit den Sitznachbarn vor, die den Oberfranken im Bechersaal sichtlich schwer fällt, aber gerade dadurch für viel Unterhaltung sorgt.

Einfacher wird es für das Publikum beim von Komalé Akakpo als „Weltpremiere“ bezeichneten Hackbrett-Reggae. Die Zuschauer müssen nur den Refrain „Cool blei’m“ mitsingen. Aber geht das bei Rechtsruck, Trump und vielen anderen Grausamkeiten in der Welt? Hans Well verspielt den letzten Akkord bewusst und sagt: „Ich krieg’s einfach ned hie.“

Zwischen Geopolitik und Schienenersatzverkehr

Landsberger Tagblatt | Kritik vom 28.03.2025

Für einen unterhaltsamen und aufrüttelnden Abend sorgten die Wellbappn im Malura Museum in Oberdießen. Foto: Lore Kienzl

Oberdießen   Zeitgeist und Politik, das waren die Themen, die einen Ka­ba­rett­abend vom Feinsten ergaben. Frech, zuweilen politisch scharf, manchmal versöhnlich, so erlebte das voll besetzte Malura Museum die Wellbappn. Der Texter der früheren Biermösl Blasn, Hans Well, verwöhnte das Publikum gleich zu Beginn mit einem launigen Lied über Umstände und Missstände speziell in der Region. Und das Publikum ging mit. Mit Klatschen und Mitsingen bei Refrains von Liedern wie „Schienenersatzverkehr“ oder „Cool bleiben“ geriet das Publikum mehr und mehr in Stimmung.

Zugleich gelang Hans Well mit seinen Texten das Kunststück, die derzeitige politische Weltlage in kritisch pointierte Worte und Lieder zu kleiden. So nahm er die bayerische Politik – beispielsweise durch die Lesung aus dem Buche Bayern – auf die Schippe und zeigte einen Weg zu einem guten Miteinander – Ode an Europa. Sarah Well (Akkordeon, Trompetengeige, Geige, sowie wunderbare Komponistin der Gruppe) und Komalè Akakpo (Hackbrett, Kontrabass, Gitarre, Trommel) begleiteten nicht nur musikalisch fantastisch, sondern zelebrierten mit Hans Well die Lieder in schönstem Bayerisch und authentischem Sächsisch. Das Publikum dankte den Wellbappn mit anhaltendem und tosendem Applaus und Standing Ovations.

Unantastbare Würste des Menschen

Kreisbote Landsberg | ULRIKE OSMAN, Kritik vom 06.05.2024

Hans Well und die Wellbappn sind wieder da – in neuer Konstellation. Der ehemalige Kopf und Texter der Biermöslblosn und seine Tochter Sarah (33) haben sich nach dem Ausscheiden der jüngeren Well-Kinder Tabea (31) und Jonas (28) mit dem Hackbrettvirtuosen Komalé Akakpo zusammengetan. Wie gut das funktioniert, bewies das Trio bei einem heftig beklatschten Auftritt in Heinrichshofen.

Hans Well (Mitte) mit Komalé Akakpo und Sarah Well im Theaterstadl in Heinrichshofen. © Osman

Egling – Die ,Kulturinitiative Egling-Huaschof Intakt‘ hatte das Konzert im Theaterstadl organisiert – und hielt glücklicherweise Decken bereit für das zahlreich erschienene Publikum, das sich in dem ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäude bei kühleren als den Außentemperaturen an Bistrotischen niederließ. Der Stimmung tat das keinen Abbruch, denn Well, seine Tochter und der neue dritte Mann lieferten ein fulminantes Konzert ab.

Die Zusammenarbeit mit Akakpo ist so frisch, dass es noch keinen endgültigen Namen für das Trio gibt. „Eigentlich wollten wir uns Hans Well & die Wellbappn 2.0 nennen, weil wir ja nach dem berufsbedingten Ausscheiden meiner Geschwister nur noch zu zweit gewesen wären“, erzählte Sarah Well dem KREISBOTEN im Vorfeld des Auftritts. „Jetzt brauchen wir einen Namen, der Komalé mit einbezieht. Da müssen wir noch überlegen.“

Mit Akakpo kamen Vater und Tochter durch Zufall zusammen. Der 1983 geborene Günzburger lebt im Nachbarort der beiden und engagiert sich in der Carsharing-Kooperative, die Hans Wells Ehefrau Sabeeka mit aufgebaut hat. Vor allem aber ist er einer der wenigen professionellen Hackbrettspieler in Deutschland und beherrscht außerdem Gitarre, Kontrabass und Percussion.

Besonders der Kontrabass kam in Heinrichshofen zum Einsatz und einmal auch das meisterlich gespielte Hackbrett, während Sarah Well an Bratsche und Steirischer brillierte und zwischendurch zu Blöckflöte und Kuhglocken griff. Hans Well an der Gitarre hat die letzten Monate intensiv zum Schreiben neuer Texte genutzt. Themen, die ihn umtreiben, gibt es in diesen Zeiten genug.

Da ist Hubert Aiwanger, der in der umgetexteten „Hoeness-Passion“ allen „Otomkraft und Opfelsoft“ verspricht und Veganern „verschärfte Festungshaft“ androht. Da sind die SUV-Fahrer und Vielflieger, die darauf pochen, dass „die Würste des Menschen unantastbar sind“. Da ist der älteste Brauch der katholischen Kirche (der Missbrauch) – und der „Schienenersatzverkehr“, bei dem das Publikum begeistert in den Refrain einstimmt.

Überhaupt hat der Abend familiäre Züge – eine treue Fangemeinde ist aus großem Umkreis angereist. Ein Mann nahe der Bühne gratuliert Hans Well nachträglich zum 71. Geburtstag, den dieser am 1. Mai gefeiert hat. Als Well um ein Fisherman’s Friend bittet („um die Stimme frei zu kriegen“) holt eine Frau prompt ein Hustenbonbon aus der Handtasche und reicht es auf die Bühne. Und als Sarah Wells dreijährige Tochter – auch noch im Partnerlook mit der Mama! – auf die Bühne geflitzt kommt, um aufs Stichwort vom Opa die Pause anzukündigen, geht hörbares Entzücken durch den Saal.

Der zweite Teil des Abends gehört Klassikern wie dem Olching-Lied, aber auch der Digitalisierung von Kindergärten. Da wissen die Kleinen dann bald nicht mehr, wie man ein Bilderbuch umblättert, weil sie nur noch drücken und wischen können. Dafür kennt sich der kleine Basti schon mächtig gut im Darknet aus, chattet mit Salafisten-Kindergruppen und köpft unverschleierte Barbie-Puppen.

Nach dem offiziellen Ende des Konzerts erklatschen sich die Zuschauer eine Zugabe, dann ist Schluss. „Wir haben noch nicht mehr drauf“, verabschiedet sich der Altmeister mit seiner neuen Formation augenzwinkernd.

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Breitgefächerte Bissigkeit im Bayreuth Bechersaal

Nordbayerischer Kurier| Kritik vom 07.04.2025

Sarah und Hans Well mit Komalé Akakpo erheitern als Wellbappn 2.0 den vollen Bechersaal in Bayreuth mit einer Fülle an satirisch aufgearbeiteten Themen wie auch einer Fülle an musikalischem Repertoire.

Bayreuth – Mit „herzlichen Grüßen von der Bayerischen Staatsregierung“ kommen Hans und Sarah Well sowie Komalé Akakpo als Wellbappn 2.0 am Donnerstag in den Bayreuther Bechersaal, der schon seit einer Stunde vor Auftrittsbeginn brechend voll ist. Weil die Bedienungen zwischen vielen der eng aneinander stehenden Zwölfer- bis 15er-Tischen nur mit großer Mühe durchkommen, werden wie am Fließband, aber gesellig, Bier und Braten in die eine und Bierfilze für die Rechnung in die andere Richtung von Sitznachbar zu Sitznachbar gereicht.

Auf die Staatsregierung um Markus „Maximus“ Söder, den ebenso „Erleuchteten“ wie „Bescheidenen“, wird auf der Bühne im Laufe des Abends beeindruckend abwechslungsreich eingedroschen, textlich wie musikalisch. Nicht selten im Stile bayerischer Volksweisen mit viel Holladiri und Holladio, aber auch mit Märschen, Country und Rockabilly, gar einem Tango und dem wohl weltweit ersten Reggae mit dem Hackbrett. Außerdem mit einer Hip-Hop-Nummer, deren Bass aus der von Hans Well gespielten Tuba wummert. Musikalisch meist auf hohem Niveau, sonst mit spürbarer Freude am Ausprobieren.

Alle drei singen, mal einzeln, mal abwechselnd, mal im Chor. Dazu gespielt wird Gitarre, steirischer Harmonika und Mundharmonika, Bratsche, Strohgeige und Kontrabass, Tuba und Trompete, Blockflöte und Hackbrett.

Mit Letzterem, bei dem die waagerecht liegenden Saiten mit einem Klöppel geschlagen werden, können nur wenige Menschen professionell umgehen. Komalé Akakpo ist einer davon. Die Strohgeige, eine Violine mit eine Art Grammophon-Trichter daran, der den gestrichenen Saiten einen leicht blechernen und lauteren Klang verleiht, hat Hans Wells Tochter Sarah von einer Reise im US-Staat Tennessee
mitgebracht.

Begonnen wird klassisch-oberbayerisch zu Quetschn – aber mit Bayreuth-Bezug. Texter Hans Well scheint sich vorbereitet zu haben, die drei singen in gehacktem Rhythmus zum Akkordeon über Katharina Wagners künstlerische Ambitionen in Barcelona, über Fichtensterben und Mietpreise, über die Langzeitbaustelle Friedrichsforum und die Finanznöte der SpVgg Bayreuth.

In der zweiten Strophe des Auftakt-Liedes wird das Bayreuther Publikum dann mit nach Hausen genommen, eine kleinen Ortschaft im Südwesten von München, ins „Land der BayWa“, wo die Business- Männer dicke Autos und dünne Frauen haben, die Vereinsheime voll und die Wirtshäuser leer sind. Ein laut lachender, begeistert klatschender Zuschauer urteilt: „Sauberer Einstieg“.

Mit sauberer Energie scheint man es wiederum nicht so sehr zu haben in Oberbayern, wie unter anderem aus dem nächsten Lied ersichtlich wird, in dem sich eine Ortschaft gegen einen Windpark stemmt, weil der die „schöne Aussicht“ auf den Fressnapf-XXL-Markt verschandelt. „Heiliger Markus, erhöre uns“: Der bayerische Ministerpräsident „beschenkt“ den Ort schließlich lieber mit einem Atommüllendlager.
„Richtig schee bös’“, findet eine Zuschauerin die Texte von Hans Well. Das wiederholt sie nach dem „Wutbürger-Marsch“. Ein Was-wäre-wenn-Szenario nach den großen Bauerndemos des Winters 2023/24 gegen den Wegfall der Subventionen für Agrardiesel. Als sich zu den Wutbauern mit Galgen auf den Traktoren die Wut-Windradgegner und Wut-Atomkraftfreunde, die Wutquerdenker, Wutkaninchenzüchter, Wutspediteure und allerlei anders Wütende gesellen, die der von Söder befeuerte Hass auf Rot-Grüne- Politik eint. Im Liedtext verspricht Hubert Aiwanger: „,Atomkroft für alle’/ und übernimmt die Deutsche Führung/ Bloß weil an Hubsi koana versteht/ putscht si da Höcke an d’Regierung.“

Der rechtsextreme Vorsitzende der Thüringer AfD-Landtagsfraktion, Björn Höcke, heiratet im Lied- Szenario dann Sarah Wagenknecht, nach dem mysteriösen Tod von deren Ehemann Oskar Lafontaine. Monika Gruber als „Volksrichterin“ kastriert eigenhändig, wenn sie „queere Männer beim Gendern dawischt“, Alice Weidel und „der Müllermilch zeugen/ ein käsiges Deutsches Geschlecht“.

Als die „letzten Grünen Widerstandskämpfer“ mit Haschködern aus Kreuzberg gelockt und zusammen mit allen Migranten und anderen den Rechtsextremen unliebsamen Menschen abgeschoben sind, müssen dann etwa Neonazis die Osteuropäer beim Spargelstechen ersetzen, doch die Patrioten scheitern bald an Bandscheibenvorfällen. In allen Bereichen fehlen Arbeitskräfte, „koana wechslt am Gauland de Windln/ er liegt im braunen Dreck“. Und der FC Bayern verliert 18:0 gegen Malta, weil „dort spuin die deportiertn Sané und Musialla“.

Die Themenvielfalt ist breit, neben dem Rechtsruck wird unter vielem anderen über bayerische Überheblichkeit („mia san die Supa-Bayern“), Klimawandel, Wohnungspreise (es reiche nicht mal mehr für eine Wohnung in Coburg), Lehrermangel (den es in Bayern nicht gibt, es gibt nur zu viele Kinder) und gestrichenen Musikunterricht (verdeutlicht durch bewusst-falsches Blockflötenspiel) musiziert.

Manchmal geht es textlich auch nur um die Freude am Wortspiel, wie bei einem „Zwiefachen“, einer recht komplizierten südbayerischen Tanzmusik. Der Rhythmus ist dem Nordbayern vielleicht am ehesten geläufig aus dem Lied „Heut kommt der Hans zu mir“, mit den Ohrwurm-Zeilen „Ob er aber über Oberammergau / Oder aber über Unterammergau…“. Jene Zeilen werden mit dem Zungenbrecher „In Ulm, um Ulm und um Ulm herum“ kombiniert, und erweitert wird mit Umdichtungen wie „Lieber an Hund im Haus ham / Als a Haus in Hundham ham“.

Dazu machen die drei Bühnen-Virtuosen eine Abfolge von Schenkelklopfern, Schunklern und Klatschen mit den Sitznachbarn vor, die den Oberfranken im Bechersaal sichtlich schwer fällt, aber gerade dadurch für viel Unterhaltung sorgt.

Einfacher wird es für das Publikum beim von Komalé Akakpo als „Weltpremiere“ bezeichneten Hackbrett-Reggae. Die Zuschauer müssen nur den Refrain „Cool blei’m“ mitsingen. Aber geht das bei Rechtsruck, Trump und vielen anderen Grausamkeiten in der Welt? Hans Well verspielt den letzten Akkord bewusst und sagt: „Ich krieg’s einfach ned hie.“

Zwischen Geopolitik und Schienenersatzverkehr

Landsberger Tagblatt | Kritik vom 28.03.2025

Für einen unterhaltsamen und aufrüttelnden Abend sorgten die Wellbappn im Malura Museum in Oberdießen. Für einen unterhaltsamen und aufrüttelnden Abend sorgten die Wellbappn im Malura Museum in Oberdießen. Foto: Lore Kienzl

Oberdießen – Zeitgeist und Politik, das waren die Themen, die einen Ka­ba­rett­abend vom Feinsten ergaben. Frech, zuweilen politisch scharf, manchmal versöhnlich, so erlebte das voll besetzte Malura Museum die Wellbappn. Der Texter der früheren Biermösl Blasn, Hans Well, verwöhnte das Publikum gleich zu Beginn mit einem launigen Lied über Umstände und Missstände speziell in der Region. Und das Publikum ging mit. Mit Klatschen und Mitsingen bei Refrains von Liedern wie „Schienenersatzverkehr“ oder „Cool bleiben“ geriet das Publikum mehr und mehr in Stimmung.

Zugleich gelang Hans Well mit seinen Texten das Kunststück, die derzeitige politische Weltlage in kritisch pointierte Worte und Lieder zu kleiden. So nahm er die bayerische Politik – beispielsweise durch die Lesung aus dem Buche Bayern – auf die Schippe und zeigte einen Weg zu einem guten Miteinander – Ode an Europa. Sarah Well (Akkordeon, Trompetengeige, Geige, sowie wunderbare Komponistin der Gruppe) und Komalè Akakpo (Hackbrett, Kontrabass, Gitarre, Trommel) begleiteten nicht nur musikalisch fantastisch, sondern zelebrierten mit Hans Well die Lieder in schönstem Bayerisch und authentischem Sächsisch. Das Publikum dankte den Wellbappn mit anhaltendem und tosendem Applaus und Standing Ovations.

Unantastbare Würste des Menschen

Kreisbote Landsberg | ULRIKE OSMAN, Kritik vom 06.05.2024

Hans Well und die Wellbappn sind wieder da – in neuer Konstellation. Der ehemalige Kopf und Texter der Biermöslblosn und seine Tochter Sarah (33) haben sich nach dem Ausscheiden der jüngeren Well-Kinder Tabea (31) und Jonas (28) mit dem Hackbrettvirtuosen Komalé Akakpo zusammengetan. Wie gut das funktioniert, bewies das Trio bei einem heftig beklatschten Auftritt in Heinrichshofen.

Hans Well (Mitte) mit Komalé Akakpo und Sarah Well im Theaterstadl in Heinrichshofen. © Osman

Egling – Die ,Kulturinitiative Egling-Huaschof Intakt‘ hatte das Konzert im Theaterstadl organisiert – und hielt glücklicherweise Decken bereit für das zahlreich erschienene Publikum, das sich in dem ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäude bei kühleren als den Außentemperaturen an Bistrotischen niederließ. Der Stimmung tat das keinen Abbruch, denn Well, seine Tochter und der neue dritte Mann lieferten ein fulminantes Konzert ab.

Die Zusammenarbeit mit Akakpo ist so frisch, dass es noch keinen endgültigen Namen für das Trio gibt. „Eigentlich wollten wir uns Hans Well & die Wellbappn 2.0 nennen, weil wir ja nach dem berufsbedingten Ausscheiden meiner Geschwister nur noch zu zweit gewesen wären“, erzählte Sarah Well dem KREISBOTEN im Vorfeld des Auftritts. „Jetzt brauchen wir einen Namen, der Komalé mit einbezieht. Da müssen wir noch überlegen.“

Mit Akakpo kamen Vater und Tochter durch Zufall zusammen. Der 1983 geborene Günzburger lebt im Nachbarort der beiden und engagiert sich in der Carsharing-Kooperative, die Hans Wells Ehefrau Sabeeka mit aufgebaut hat. Vor allem aber ist er einer der wenigen professionellen Hackbrettspieler in Deutschland und beherrscht außerdem Gitarre, Kontrabass und Percussion.

Besonders der Kontrabass kam in Heinrichshofen zum Einsatz und einmal auch das meisterlich gespielte Hackbrett, während Sarah Well an Bratsche und Steirischer brillierte und zwischendurch zu Blöckflöte und Kuhglocken griff. Hans Well an der Gitarre hat die letzten Monate intensiv zum Schreiben neuer Texte genutzt. Themen, die ihn umtreiben, gibt es in diesen Zeiten genug.

Da ist Hubert Aiwanger, der in der umgetexteten „Hoeness-Passion“ allen „Otomkraft und Opfelsoft“ verspricht und Veganern „verschärfte Festungshaft“ androht. Da sind die SUV-Fahrer und Vielflieger, die darauf pochen, dass „die Würste des Menschen unantastbar sind“. Da ist der älteste Brauch der katholischen Kirche (der Missbrauch) – und der „Schienenersatzverkehr“, bei dem das Publikum begeistert in den Refrain einstimmt.

Überhaupt hat der Abend familiäre Züge – eine treue Fangemeinde ist aus großem Umkreis angereist. Ein Mann nahe der Bühne gratuliert Hans Well nachträglich zum 71. Geburtstag, den dieser am 1. Mai gefeiert hat. Als Well um ein Fisherman’s Friend bittet („um die Stimme frei zu kriegen“) holt eine Frau prompt ein Hustenbonbon aus der Handtasche und reicht es auf die Bühne. Und als Sarah Wells dreijährige Tochter – auch noch im Partnerlook mit der Mama! – auf die Bühne geflitzt kommt, um aufs Stichwort vom Opa die Pause anzukündigen, geht hörbares Entzücken durch den Saal.

Der zweite Teil des Abends gehört Klassikern wie dem Olching-Lied, aber auch der Digitalisierung von Kindergärten. Da wissen die Kleinen dann bald nicht mehr, wie man ein Bilderbuch umblättert, weil sie nur noch drücken und wischen können. Dafür kennt sich der kleine Basti schon mächtig gut im Darknet aus, chattet mit Salafisten-Kindergruppen und köpft unverschleierte Barbie-Puppen.

Nach dem offiziellen Ende des Konzerts erklatschen sich die Zuschauer eine Zugabe, dann ist Schluss. „Wir haben noch nicht mehr drauf“, verabschiedet sich der Altmeister mit seiner neuen Formation augenzwinkernd.